75 Tage sind es jetzt her, dass ich mich aufgemacht habe in mein ganz eigenes Abenteuer. 2 1/2 Monate, 11 Wochen, 1800 Stunden. Na ja, zumindest sowas in der Art.
Ich hab mir überlegt, immer mal wieder ein kleines Update zu schreiben. Hauptsächlich für mich, aber auch für alle anderen, die es interessieren könnte. Nicht wohin ich gehe, was ich grade mache, sondern mehr auf der Gefühlsschiene; wie's mir geht, welche Veränderungen ich schon gemerkt habe und auf welcher Stufe mein Heimweh so steht.
Wenn wir gerade davon sprechen, lasst uns doch mal einen Blick auf die aktuelle Heimweh Skala werfen. (Stellt euch das Ganze grad bitte mal vor, als wäre ich Moderatorin bei KiKa und stände vor einer schlechten Greenscreen Wand.)
Die aktuell erreichte Stufe ist also 3. Wieso?
Hier mal ein paar Gründe: Die ersten Wochen körperlichen und auch mentalen Abstand zu den Menschen aus meinem Alltag taten mir extrem gut. Das heißt nicht, dass ich Personen wie meine Familie oder engsten Freunde nicht vermisse, sondern ich es als frischen Wind für unsere Beziehung empfand. Einfach mal nicht jeden Tag aufeinander sitzen, nicht wegen schlechter Laune einen Streit anfangen, der komplett überflüssig und sinnlos ist, nicht jedes Mal genervt sein, wenn man von irgendwem wegen irgendwas angesprochen wird. Jetzt gerade bin ich extrem froh deren Stimmen zu hören, und die Zeit, die man dann am Telefon miteinander verbringt ist einfach good quality time und man kann das auf die Art sehr viel besser wertschätzen.
Jetzt bin ich so langsam aber an einem Punkt angekommen, an dem ich so manche Menschen vermisse, weil mit längerer Zeit Dinge passieren, bei denen man gerne bei diesen Menschen wäre, wie der Geburtstag, die OP oder die bestandene Führerscheinprüfung. Aber nicht nur die größeren Dinge, sondern auch kleinere Momente wie die gemütlichen Sonntage mit Zac Efron Filmen auf dem Sofa, die Bummelnachmittage in der Stadt mit gutem Essen und wichtigen Gesprächen, die Geburtstage mit Kartenspielen & Grillen oder auch Samstagabende mit zu viel guter Laune.
Es ist aber lange noch nicht so, dass ich körperlichen Schmerz oder Ähnliches empfinde, wenn ich über solche Sachen nachdenke, aber alleine der Fakt, dass ich darüber nachdenke kurz vorm Einschlafen, oder morgens wenn ich im Halbschlaf vor mich hin dussle, bringt mich dazu, mein Heimweh auf eine 3 zu setzen. Außerdem vermiss ich meinen Mixer und Mamas Kuchen. Ich weiß, ich hab ihr immer gesagt, sie soll aufhören so viel zu backen, aber jetzt würde mir das ganz gut passen.
Abgesehen von Heimweh haben sich aber auch ein paar andere Dinge verändert, bzw. habe ich mich verändert. Nicht im Großen & Ganzen, ich bin immer noch derselbe Mensch, nur hab ich mich ein bisschen verbessert, was einige Dinge angeht.
Meine sogenannte Comfort Zone wurde sehr viel weiter, worauf ich relativ stolz bin. Es fällt mir leichter, mich mit anderen Menschen zu unterhalten, mit denen ich nicht jeden Tag zusammensitze. Smalltalk betreiben und mich dabei nicht schlecht fühlen, dass oder ob ich den anderen unterhalten kann oder nicht. Nervös sein, wenn man das erste Mal in einem Restaurant oder Café ist und keine Zeit hat, sich vorher gut vorzubereiten, weil man die Karte das erste Mal sieht, wenn man auch mit Bestellen dran ist. Das muss ich jetzt auch nicht mehr. Es ist okay, sich kurz zu sammeln und zu überlegen, was man will oder bei der Barista nachzufragen, was dann auch in ein nettes Gespräch resultieren kann. Ich glaube, was sowas angeht, kann ich zusammenfassend sagen, dass mein Selbstbild, bzw. die Art und Weise, wie ich mich selbst sehe, sich etwas geändert hat. Die meisten Dinge, die ich über mich selbst so schlimm fand, sind eigentlich normale Dinge, die von anderen Menschen nicht unbedingt als negativ empfunden werden.
Eine andere Sache ist, dass ich so langsam wieder an meine Zukunft denken kann, ohne in Schweiß auszubrechen und vor Angst das Gefühl haben, ich hätte nie älter als 10 werden sollen.
Etwas Zeit mit sich selbst zu verbringen, kann ganz gut sein, um Dinge wieder ins richtige Licht zu rücken und sich daran zu erinnern, was man im Leben überhaupt will. Luft schnappen, weg vom Alltag. Ich weiß, das ist nicht immer für jeden möglich, aber dafür muss man nicht unbedingt das Land verlassen.
Mit dieser Skala möchte ich auch noch etwas sagen. Ich war nie wirklich eine große Leuchte in Mathe oder Physik. Oder Chemie. Oder Bio. Oder in anderen Fächern, in denen man mit sowas arbeiten muss, aber ich glaube zumindest, dass die Kernaussage ist, dass je größer x wird, desto größer wird y und genau das will ich damit sagen.
In meinem Beispiel mit einer wachsenden Horizontsrate in Abhängigkeit zur Erkundungsrate. Gut, ob das wirklich richtige Begriffe sind, weiß ich nicht, aber ihr versteht, was ich meine.
In meinem Beispiel mit einer wachsenden Horizontsrate in Abhängigkeit zur Erkundungsrate. Gut, ob das wirklich richtige Begriffe sind, weiß ich nicht, aber ihr versteht, was ich meine.
Mit dieser Reise hab ich nicht nur neue Orte und Länder kennengelernt, sondern auch Menschen und damit andere Sichtweisen, Kulturen, Hobbies, Musik, Essen, ... Und ein paar dieser Dinge wollte ich dann auch mal aufzählen. Ich bin über einen Satz auf Tumblr gestolpert, der gesagt, oder besser gefragt hat, wann man das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht hat, und das hat mich dazu ein bisschen inspiriert.
Ich war das erste Mal in Belgien.
Ich war/bin das erste Mal auf mich allein gestellt.
Ich bin das erste Mal länger als 10 Tage von Zuhause und meiner Familie weg.
Ich hab mir das erste Mal seit ich ein kleines Kind war die Haare richtig kurz schneiden lassen.
Ich hab das erste Mal Kapern gegessen und gemerkt, dass sie mir eigentlich schmecken.
Ich war das erste Mal in Schottland.
Ich hab das erste Mal drei Tage am Stück kein Deutsch gesprochen.
Ich bin das erste Mal ganz alleine in ein Café gegangen und hab dort ganz alleine was getrunken.
Ich bin das erste Mal nur mit einem Rucksack (okay, er ist groß, aber trotzdem) durch ein paar Länder Europas gereist. Alleine.
Ich hab das erste Mal eine Geburtstagskarte schreiben müssen, anstatt vor Ort zu sein.
Ich hatte das erste Mal Kontakt mit der Polizei.
Ich bin das erste Mal alleine geflogen.
Ich hab das erste Mal auf einem Gasherd gekocht.
Ich hab das erste Mal gutes Sushi gegessen und mich verliebt. In Sushi.
Ich hab das erste Mal wirklich im Garten gearbeitet. Mit Handschuhen und so. Und Erde. Und Pflanzen.
Ich hab das erste Mal seit gut 15 Jahren wieder Hühner gefüttert.
Ich hab das erste Mal Leute von anderen Ländern wie Kanada, Indien, USA, Australien oder Neuseeland kennengelernt.
Ich hab wahrscheinlich noch die ein oder andere Sache vergessen, aber das ist alles, was mir zu später Stunde noch so einfällt. Was ich damit aber sagen will, ist, dass ich weiterhin versuchen will, mehr auszuprobieren, noch weiter aus meiner Komfortzone herauszukriechen und meinen Horizont damit versuche, zu erweitern. Ein paar Dinge auf der Liste sind vielleicht etwas unbedeutend, aber alles in allem tragen die ja alle zu einem Gesamtpaket bei.
Das war's aber jetzt mit der Selbstreflektion für heute. Wer bis hier durchgehalten hat, kann ja mal "Hallo, ich bin ausdauernd" in die Kommentare schreiben. Danke.
Lisa
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